Ich stehe in der S-Bahn – wie immer in diesen Tagen ohne Maske, ohne Fahrschein und ohne Sorgen. Und wie immer passiert … nichts. Gar nichts. Ich werde nicht angesprochen, nicht verhaftet, kaum zur Kenntnis genommen. Die vermummten Zombies wagen nicht einmal den Blick-Kontakt. Ich bin Jesus, ich kann über’s Wasser gehen! Treue Jünger dieses Blogs wird das nicht verwundern, umweht mich doch seit jeher die Aura des Unantastbaren. „Fürchtet euch nicht!“ möchte ich den Zombies spontan zurufen, weiß aber gleichzeitig, wie nutzlos das ist. Angst ist immer noch die mächtigste Motivation, das habe ich in der Arbeitswelt gelernt. Jag ihnen nur genug Angst ein und sie machen alles mit. Sie mögen jammern, sich vielleicht beklagen, mit den Zähnen knirschen und auf „die da oben“ schimpfen. Aber sie machen mit. Immer. Vorm Bahnhof Gesundbrunnen steht ein junger Mann mit einem Schild: „Wir beten für euch“. Ich könnte ihn jetzt in Kurzarbeit schicken, schließlich bin ich sein Boss. Oder etwa nicht? Dann sehe ich ein Plakat „Hannah Arendt und das 20. Jahrhundert“ im Deutschen Historischen Museum. Darauf das bekannte Zitat „Kein Mensch hat das Recht zu gehorchen“. Ab Montag wieder geöffnet. Sehr witzig. Ich fange an zu kichern. Ich bin Jesus, ich darf das.