Ich höre die Stimme aus dem Radio. Sie spricht über laute Ränder und die schweigende Mehrheit. Letztere müsse bitte aufhören zu schweigen, so die Stimme, auf dass die lauten Ränder endlich übertönt werden. Denn sie, die Mehrheit, wisse doch ganz genau, dass wir mehr für den Klimaschutz und für die Flüchtlinge tun müssen, das sei doch klar. Seltsam, denke ich, da setzt jemand offenbar wie selbstverständlich Schweigen mit der Zustimmung zu den eigenen Positionen gleich. In meiner Wahrnehmung interessiert sich die „Mehrheit“ ja zu allererst immer für das eher private Wohlergehen, Sicherheit, Gartenzaun, Kontostand usw. … Und schweigen tut sie weit weniger, als es mir lieb ist. Sich eine andere, alternative Mehrheit zu imaginieren, die geschlossen hinter einem steht, offenbart doch ein beachtliches Maß an Selbstüberhöhung. Dass es genauso gut auch umgekehrt sein könnte, dass man selbst also wohlmöglich einen lauten Rand repräsentiert, dem nur ausreichend Mikrophone zur Verfügung stehen, kommt in dieser seltsamen Sicht der Dinge nicht vor. Wie sollte es auch? How dare you! Das Radioprogramm ist beendet und ich höre nun die Stimme der Moderatorin: „Vielen Dank für dieses Gespräch, Frau Rackete.“
Genau das dachte ich auch nach der Thüringen-Wahl. Früher hieß es immer: Geht zur Wahl, damit die Radikalen nicht zu viel Gewicht kriegen. Jetzt gehen alle zur Wahl (über 12% höhere Wahlbeteiligung), und siehe da, die wählen gar nicht so wie gewünscht.
Diese radikalen Ossis haben das mit der Demokratie und den freien Wahlen eben immer noch nicht richtig verstanden. Wo kommen wir denn hin, wenn da jeder einfach ankreuzt, was er will? Die treiben Heiko Maas noch in die Alters-Armut!