Tropicalismo (É Proibido Proíbír)

Heute brennt die Sonne ganz erbarmungslos, in der Hölle ist die Hitze halb so groß! Diese Zeilen habe ich mir aus dem schaurig-schönen DDR-Musikfilm „Heißer Sommer“ geborgt. Wenn’s passt, dann passt’s. Vor knapp 30 Jahren, um die Wendezeit herum, ritt der Film auf der ersten großen Ostalgie-Welle durchs Babylon-Kino am Rosa-Luxemburg-Platz. Es gab dort damals diese Kult-Vorführungen a’la Rocky Horror Picture Show, die Leute rasteten aus, sangen mit und schmissen Dederon-Badehosen auf die Leinwand – so wurde es mir zumindest erzählt, denn selbst war ich nie dabei. Kurz nach dem Mauerfall stand mir noch nicht der Sinn nach DDR-Kitsch. Für einen Kultur-hungrigen Heranwachsenden gab es in dieser Zeit einiges in der Welt zu entdecken – Frank Schöbel und Chris Doerk beim Gummi-Twist an der Ostsee gehörten für mich nicht unbedingt dazu. Heute aber ist der Abstand groß genug, und wie gesagt: wenn’s passt, dann passt’s. 

swim-trunks

Zum Einstieg in den Berliner Tropensommer habe ich mir gestern Abend Caetano Veloso im Tempodrom angeschaut. Der Altmeister des Tropicalismo ist derzeit mit seinen drei Söhnen auf Tournee. Ein sehr schönes Konzert war das, mit genau der richtigen Mischung aus Poesie, Entspannung und südamerikanischer Party-Stimmung (mit Badehosen wurde nicht geworfen). Auch wenn es auf der Bühne nicht wirklich Thema war, ist die Politik seines Heimatlandes von der Biographie Caetano Velosos nicht zu trennen. Sein Lied É Proibido Proíbír (Es ist verboten, zu verbieten) führte 1968 dazu, dass er zusammen mit Gilberto Gil inhaftiert wurde und später für einige Jahre ins Exil ging. Die aktuelle politische Situation in Brasilien bereitet Veloso also verständlicherweise auch entsprechende Sorgen. Und ich denke daran, dass hier mittlerweile ein Teil des Landes mal wieder vom Sozialismus träumt (die wievielte Ostalgie-Welle wäre das jetzt?), ein anderer Teil vom Nationalsozialismus und daran, wie die grüne Mitte den Weltuntergang immer hitziger von der Kanzel predigt. Mit Verboten würden die alle gerne arbeiten. Die neue, gerechte Welt soll möglichst streng herbei reguliert werden. So sieht er dann wohl aus, der Sommer 2019: alle bekloppt, zu viel Dampf unter der Mütze. Ja, in der Hölle ist die Hitze halb so groß! Das liegt wohl leider nicht nur am Wetter. Es wird Zeit, die Koffer zu packen.

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