Wo darf ich unterschreiben?

Petitionen sind wie Heroin. Beim ersten Mal verspüren Sie noch den vollen Kick, ein überwältigendes Gefühl von Glückseligkeit und Basisdemokratie macht sich in Ihnen breit. Sie erhalten Ihre erste Dankes-Email und Sie spüren: denen habe ich’s gezeigt, jetzt wird nichts mehr so sein wie es war! Schluss mit Ungerechtigkeit, Bienensterben, krebserzeugenden Gummibärchen und überhaupt mit der ganzen Schweinerei! Jetzt sind Sie drauf. Aber ab jetzt brauchen Sie graduell auch immer härteren Stoff. Sie werden nervöser, Ihre Augenlider fangen an zu zucken. Bald klicken Sie nur noch auf Petitionsaufrufe mit Überschriften wie „Die Zeit läuft ab!“ oder „Die Schlinge wird enger!“, illustriert mit Totenköpfen oder Kleinkindern mit Gasmaske. Unterschreiben Sie nicht mindestens ein Dutzend solcher Aufrufe am Tag, gehen Sie sofort auf Cold Turkey – und nein, damit ist nicht der Winter in der Türkei gemeint. Schweißgebadet und bis auf die Knochen abgemagert, starten Sie schließlich Ihre erste eigene Petition. „Das ist es“, denken Sie, „damit entkomme ich dem Teufelskreis!“ Doch es ist bereits zu spät. Sie sind ein Wrack. Ihre Eltern geben auf STERN TV tränenreiche Exklusiv-Interviews mit schwarzen Balken vor den Gesichtern und Ihre Freunde haben sich längst von Ihnen abgewandt. Dabei hatten Sie es doch nur gut gemeint.

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