Es war eine dieser Dinner Parties, wie sie in fast jeder Folge stattfinden. Die Frauen kamen zusammen, begrüßten sich überschwänglich, Bussi links, Bussi rechts, sie tranken ein paar Gläser eisgekühlten Pinot Grigio und plauderten. Ein Drehbuch brauchten sie nicht, denn die Dynamik ihrer Zusammenkunft würde von ganz alleine dazu führen, dass die Stimmung nach nur wenigen Minuten dramatisch kippt. Es würde eine Konfrontation geben, keine Frage. Mindestens zwei der Frauen würden dann hysterisch herumschreien, sich gegenseitig ihre Drinks ins Gesicht kippen und wutentbrannt die Szene verlassen. Tränen, Close-Ups und … Cut!
Andy Cohen kommt in die Hölle. Zumindest wenn es nach den Tugendwächtern gediegener Unterhaltungskultur geht. Ich mag Andy Cohen, aber ich komme ja selbst auch in die Hölle. Andy ist ein kleiner Junge Ende vierzig, der sich im Süßwarenladen der US-amerikanischen Medienlandschaft reich und zufrieden gefuttert hat. Und der darüber immer noch jeden einzelnen Tag abwechselnd staunen und hysterisch kichern kann. Andy Cohen ist Produzent, TV- und Radio-Moderator, Autor und Society-Luder – ein Hans Dampf in allen glitzernden Gassen. In New York ist er der Nachbar von Sally Field, der beste Freund von Sarah Jessica Parker und Anderson Cooper sowie überhaupt mit allem bekannt und vernetzt, was Rang, Namen und mindestens drei Platin American Express-Kärtchen besitzt. Vor allem aber ist er der Mastermind hinter den Real Housewives of (New York, Beverly Hills, Atlanta uws. – sie breiten sich aus wie Metastasen) … Dingenskirchen, einem der erfolgreichsten Reality-Trash-Programme der letzten Jahre. Das Rezept ähnelt dem vergleichbarer Formate: ein Haufen Wahnsinniger macht sich vor der Kamera zum Affen. Im Fall der Housewives-Serien ist das eine Gruppe überspannter Luxusweiber, die sich mit künstlich inszenierten Dramen gegenseitig durch die Gegend mobbt. Es ist wie auf dem Schulhof eines sozialen Problembezirkes. Nur dreißig Jahre später, mit jeder Menge Bling, Botox und Xanax. Aber es funktioniert. Einige der Housewives haben durch diese Sendung bereits sehr lukrative Medienkarrieren hingelegt. Damit ist eigentlich alles gesagt. Sollten Sie noch nichts von diesem Elend dieser faszinierenden Welt gehört haben und sich vielleicht gerade ein wenig von den französischen Präsidentschaftswahlen ablenken wollen (und auf diesem Wege gleich noch gratis ein paar Gehirnzellen verlieren wollen), dann schauen Sie doch mal hier.
See you in Hell, Andy! (Quelle: instagram.com/bravoandy)
Was hatte ich erwartet? Nur weil Freundin X mir wieder einmal – ganz ehrlich und ganz im Vertrauen – erzählt hatte, wie kaputt das Leben von Freundin Y ist, was das für eine überspannte Ziege sei, wie die ihren Mann betrügt und er sie natürlich auch, dass sie über ihre Verhältnisse lebt, ihre Kinder nicht richtig erzieht, schwer alkoholabhängig ist und sicher bald in der Psychiatrie landen wird, heißt das noch lange nicht, dass X und Y nicht die allerbesten Freundinnen sind und immer füreinander da sein werden. Natürlich. So funktionieren Frauenfreundschaften. Zumindest einige. Glauben Sie mir, ich habe es erlebt. Die Housewives sind real und sie sind überall. Zum Wohl!