Heute morgen kam mir eine Frau in orangefarbener Funktionskleidung entgegen gehechelt – leuchtend wie eine Wetterboje, bewaffnet mit einem Ungetüm von Kopfhörern, zwei Nordic-Walking-Plastikstöckchen und einem dieser überteuerten Baumkuchen vom Café um die Ecke. Eigentlich konnte ich nur die Papiertüte des Cafés eindeutig erkennen. Aber es wird wohl ein Baumkuchen drin gewesen sein, wegen dem rennen sie dort alle hin. Da hechelte sie also an mir vorbei, eine leuchtende, schwitzende, Baumkuchen-balancierende Selbstoptimierungs-Maschine auf dem Weg in eine ganz sicher minutiös verplante Woche.

Fast Forward: Hamburg im Spätsommer des Jahres 2095. Der BAUER-Verlag feiert die Veröffentlichung von GERIA, der zehnmillionsten Frauenzeitschrift in der Geschichte des Unternehmens. Stargast des Abends ist die 145-jährige Iris Berben, die auch den Titel der neuen Zeitschrift ziert und aus ihrem Sauerstoffzelt heraus zu den geladenen Gästen spricht. Frau Berben fühlt sich noch immer keinen Tag älter als 65, sie aquajoggt täglich sieben Kilometer, ernährt sich von fair eingeflogenem Plankton, trinkt Rote-Beete-Hyaluron-Hormon-Smoothies und telefoniert jeden Abend mit dem Urenkel vom Dalai Lama. Wichtig für ein erfülltes und aktives Leben, auch jenseits der 120, sei vor allem eine positive Ausstrahlung, sagt sie. Kasteien Sie sich nicht mit Diäten, meine Damen! Schlemmen Sie auch mal! Pasta und Baumkuchen. Aber nicht zu viel. Alles in Maßen! Und mindestens 16 Stunden Schlaf! Und immer schön positiv denken! Und Sauerstoff, sagt sie noch, ganz viel Sauerstoff! *Hechel*
Sag mal, dieses Titelblatt, das hast du doch selber gebastelt, oder? Oder? Ich lebe doch nicht etwa in einem Land, das solche… wie soll ich sagen….Zeitschriften unter die Leute zu bringen versucht?
Tatsächlich sind die meisten Frauenzeitschrifts-Titel dadaistische Kunstwerke, die in ein Museum gehören und nicht nach 14 Tagen in den Wartezimmern von Zahnärzten vergammeln sollten! An diesem Werk hat mich besonders die thematische Klammer Anti-Aging – Fitness – Patientenverfügung begeistert. Ja, das macht Laune!
Vor allem der Hinweis „So einfach ging’s noch nie“. Wahrscheinlich hilft es, wenn man beim ausfüllen der Patientenverfügung so eine Kette trägt wie Iris Berben.
Die coole Kette ist eindeutig ein Shout out an die alternde Hip-Hop-Community. Demnächst ziert MC Iris dann auch das Cover von YOMA!, dem „Ratgeber-Mag für derbe Bitches über 50“ …
Hip-Hop-Community… Schnick Schnack, alles begann damals mit Modern Talking und Thomas Anders, der Namensketten in der ganzen Bundesrepublik und darüber hinaus etablierte. Seine Karriere ging den Bach runter, als seine Frau Nora ihn verließ und die nächste Vertraute Anneliese-Katharina hieß; damit kam er dann nicht mehr in den Tourbus.
Das ist also eine Namenskette, die Iris Berben dort trägt? Das kann dann ja nur bedeuten, dass sie mit Daddy Cool liiert ist. Oder mit LL Cool J. Im letzteren Fall wäre ich sehr eifersüchtig und sofort bereit, meine Ersparnisse für alle verfügbaren Superfoods hinzublättern.
Nein, keine Namenskette. Bin nur ins schwadronieren gekommen.